Kommentar |
Im Proseminar widmen wir uns dem Phänomen der Mehrsprachigkeit aus literaturwissenschaftlicher Perspektive. Dabei gehen wir nach einer Einführung in literarische Mehrsprachigkeitstheorien und einschlägige Essays (Derrida, Cixous) den Mechanismen der Verflechtung des Spanischen mit unterschiedlichen autochthonen Sprachen in den Werken zeitgenössischer Autor*innen nach. Ein Schwerpunkt wird dabei auf der Diskussion lyrischer Texte, u.a. von Francisco X. Alarcón, Daniela Catrileo und Natalia Toledo liegen, Erzähltexte von Autorinnen wie Marisol Ceh Moo und literarische Essays wie jene Elicura Chihuailafs werden wir jedoch ebenfalls behandeln.
Während sich Schriftsteller*innen wie Miguel Ángel Asturias, Rosario Castellanos oder Gabriela Mistral bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem indigenen Lateinamerika zuwandten und sich die Bewegung des Indigenismo über den Kontinent ausbreitete, konzentriert sich unser Seminar auf eine literarische Gegenwart, die auf die Reproduktion essentialistischer Vorstellungen über indigene Kulturen verzichtet. Vielmehr spüren wir aktuellen kulturellen Phänomenen nach, die Mehrsprachigkeit und die daraus resultierenden Verflechtungen in ihren verschiedenen Ausdrucksformen als politische und historische Kategorie begreifen und sich damit entscheidend in die lateinamerikanische Gegenwart einschreiben. Damit einher geht die Frage danach, wie unterschiedliche Epistemologien die spanischsprachige Literatur prägen, wie autochthones Wissen in dieser sichtbar gemacht wird und inwieweit die literarischen Erscheinungsformen der mehrsprachigen Gesellschaften in einen Dialog mit postkolonialen Theorien treten.
Literaturhinweise:
▪ Francisco X. Alarcón, Snake Poems. An Aztec Invocation. The University of Arizona Press, 2019 [1992].
▪ Daniela Catrileo, Guerra florida/Rayülechi Malon. Del Aire Editores, 2018.
▪ Marisol Ceh Moo, Chen tumeen x chu’úpen / Sólo por ser mujer. CONACULTA, 2015.
▪ Elicura Chihuailaf, Recado confidencial a los chilenos. LOM Ediciones, 1999.
▪ Natalia Toledo, Guie' yaase'/Olivo negro. CONACULTA, 2004. |