Kommentar |
Ungerechtigkeit hat viele Gesichter. Im Fokus der Gerechtigkeitskonzeptionen der philosophischen Ethik und politischen Philosophie stehen klassischerweise Fragen der Verteilung von materiellen Gütern und Handlungsmöglichkeiten. Seit einiger Zeit ist nun klar geworden, dass die Verteilung auch von Gütern anderer Art ungerecht sein kann. Und wie bei der Verteilung der klassischen Güter kann es sein, dass auch hier tradierte gesellschaftlicher und kultureller Strukturen dafür verantwortlich sind, dass Personen gewisse Ressourcen ungerechterweise vorenthalten werden.
Epistemische Ressourcen, die z.B. das Verständnis der eigenen Situation betreffen, sind über gender-Grenzen hinweg nicht gleich verteilt. Vor der Entwicklung des Begriffs sexueller Belästigung etwa hatten viele Frauen Schwierigkeiten zu fassen, was ihnen geschehen war. Somit kam zur Ungerechtigkeit der gegen sie verübten Tat auch eine epistemische Ungerechtigkeit hinzu, die u.a. sie daran hinderte, dagegen vorzugehen. Affektive Ungerechtigkeit liegt vor, wenn gewisse emotionale Ressourcen Personen aus bestimmten sozialen Gruppen vorenthalten werden. Ein Beispiel ist der Druck, der auf schwarzen Personen lastet, gerechtfertigte Wut über ihre missachtende Behandlung nicht aufkommen zu lassen, weil dies sie längerfristig eher schaden könnte. „Boys don’t cry“ drückt auch eine überlieferte Norm aus, die die emotionalen Ressourcen männlich Aufwachsender auf eine Weise einschränkt, die weitreichende Folgen dafür hat, wie emotionale Lasten in Beziehung und Erziehung getragen werden.
Im Seminar werden wir nach einer einleitenden Hinführung zur epistemischen Ungerechtigkeit einige Analysen affektiver Ungerechtigkeit diskutieren. Dabei wird es darum gehen, vor Augen zu halten, (1) worin die betreffende Ungerechtigkeit besteht, und (2) wie die philosophische Emotionstheorie zum Verständnis des jeweiligen Phänomens beiträgt. |
Bemerkung |
B.A. LA GyGe: M6; M10: SE Praktische Philosophie
B.A. LA HRSGE: M6 A/B
B.A. HRSGE: M6; M7; M11: SE Praktische Philosophie
M.A. (ab WS 2012/13): Ia, IIa, IIIa & Ic, IIc, IIIc
M.A. Theorie des Sozialen: Kernmodul P1: Strukturen des Sozialen: SE Intersubjektivität
M. Ed. GyGe (ab WS 2014/15): M2; M4; M8; M10
M. Ed. HRSGE (ab WS 2014/15): M2; M4 |