Kommentar |
In seinem Buch Mythen des Alltags, das längst den Status eines Klassikers der Kultur- und Sozialwissenschaften erreicht hat, analysiert der französische Philosoph und Literaturkritiker Roland Barthes die Massenkultur der späten 1950er Jahre. Kleine Essays zu unterschiedlichsten Gegenständen und Themen des Alltags – wie etwa Wrestling, dem neuen Citroen, Beefsteak und Pommes frites, der Astrologie – verbinden sich zu einer fragmentarischen Ideologiekritik der Sprache, in deren Zentrum der Mythos als ein „System der Kommunikation“ steht. Begründet wird hier eine Semiologie, die auf innovative Weise Zeichentheorie und Kulturanalyse verbindet, Bedeutungen dekonstruiert und damit gesellschaftliche Selbstverständlichkeiten entmystifiziert. Das Seminar verfolgt das Ziel, die Barthes’sche Mythenanalyse auf das Gebiet der Ernährungskommunikation zu übertragen. Sein „Unbehagen an der Natürlichkeit der Wirklichkeit“ nehmen wir als Startpunkt für die Annahme, dass Sinn und Bedeutung von Lebensmitteln und Ernährungsweisen (z.B. das Bier im Stadion, Soul Food, die knusprige Ente, der grüne Smoothie am Morgen etc.) kulturell geformt sind. Essen und Trinken – so der Impuls für das Seminar – konstituieren ein von Mythen durchzogenes Feld und ein Blick hinter die Kulissen eröffnet neue Perspektiven auf das gesellschaftliche Ernährungswissen. Im Seminar wollen wir uns zunächst mit dem Ansatz von Barthes vertraut machen, bevor wir in kleineren Projektgruppen ausgewählte Mythen der Ernährung unter die Lupe nehmen. Vorkenntnisse im Bereich der Ernährungskommunikation und/oder der Semiotik sind von Vorteil. |