Kommentar |
In den letzten Jahren ist die Theorie „radikaler Demokratie“ zunehmend prominent geworden. Aber wie kann Demokratie radikal sein? Ist die Demokratie nicht per se eine Herrschaftsform der Verständigung, der wechselseitigen Toleranz und des Kompromisses? Die Theorie radikaler Demokratie versteht die Radikalität der Demokratie von dem lateinischen Wort „radix“ (Wurzel) her. Radikaldemokratisch sind also Ansätze, für die Politik grundlegend demokratisch sein muss. Alle sollen sich in Entscheidungen über die Regeln und Strukturen einbringen, denen dann auch alle unterworfen sind. Die Auseinandersetzungen oder sogar Kämpfe, die dabei zu erwarten sind, sind kein Problem, sondern die gemeinsame Beteiligung an den Auseinandersetzungen und Kämpfen bindet die Beteiligten aneinander und erzeugt so auch die Kraft der Entscheidungen, die gemeinsamen Handlungsräume zu gestalten. Mit dieser grundlegenden Verortung der Demokratie richten sich Ansätze radikaler Demokratie gegen Vorstellungen von Politik, die in ihr vor allem die Bearbeitung von Sachzwängen oder die bloße Gewährleistung von Rechten sehen. Sie betonen demgegenüber die Bedeutung von Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen und insbesondere die Offenheit der politischen Auseinandersetzung.
In diesem Seminar werden wir uns mit einigen der Schlüsseltexte zur Theorie radikaler Demokratie u.a. von Chantal Mouffe und Jacques Rancière befassen. |
Literatur |
Ernesto Laclau/Chantal Mouffe, Hegemonie und radikale Demokratie. Zur Dekonstruktion des Marxismus, Wien: Passagen Verlag 2020 (6. Aufl.)
Jacques Rancière, Das Unvernehmen. Politik und Philosophie, Frankfurt: Suhrkamp 2002 |