Kommentar |
Dass im Sinne transnationaler Migration Gesellschaften stetig ihre Herkunftsorte verlassen, vertrieben werden und flüchten müssen, scheint ein neues Phänomen zu sein, verknüpft mit den bekannten Paradigmen des globalisierten Kapitalismus, seiner Machtsysteme und den sich daraus entwickelnden politischen Krisen. Doch zeigen die Ansatzpunkte aktueller Globalgeschichte auf, dass diese scheinbar "neuen" Phänomene auf der Basis kultureller Hierarchien und Differenzierungen funktionieren, deren Geschichte weitaus länger zurückdatiert. Transmigration meint die (meist zwangsweise) erfolgte Problematik von Reise und Flucht, sie umfasst nicht nur das Verlassen einer "Heimat" und die Ankunft in einer anderen Gesellschaft, sondern vor allem jene transformierenden Erfahrungen, die sich überlagern, teilen und kulturelle Alterität und Abgrenzung erzeugen. Mit Blick auf die Massenmedien und ihr Ausleuchten aller Bedrohungs- und Angstszenarien, die die Thematik der Migration und Flucht hervorbringen kann, sind wir es inzwischen gewohnt, vorrangig mit Bildern "illegaler Immigration" konfrontiert zu werden. Es fehlt die deutliche Auffächerung dessen, was Migration im Sinne einer breiteren und tiefergehenden Auseinandersetzung im Kontext gesellschaftlicher und kultureller Wissens- und Erkenntnisbildung bedeutet. Statt von abgeschlossenen Kulturräumen zu sprechen, soll in der Vorlesung die Rede sein von einem nicht hintergehbaren Konzept von Gesellschaft und Geschichte, in dem Wanderung, Flucht, Vertreibung, Kontaktaufnahme und Übersetzung immer schon materieller Teil der visuellen Kultur gewesen sind. Jene Aspekte und ihre Sichtbarkeit werden in künstlerischen Arbeiten in historischer und gegenwärtiger Perspektive beleuchtet. |